In Roetgen stehen die Zeichen auf Abriss

Von Franz Schroeder und Rolf J. Wilden Heimat- und Geschichtsverein Roetgen e.V.    Das alte Roetgen soll abgerissen werden! Diesen Eindruck kann man bekommen, wenn man aufmerksam diverse Bauprojekte in unserem schönen Dorf verfolgt. Wir meinen damit nicht die zahlreichen neuen Bebauungsgebiete, die sicher von den meisten Roetgenern als positive Entwicklung für unseren Ort angesehen werden, sondern die fortschreitende Zerstörung des charakteristischen Ortsbildes durch die Entfernung nicht mehr benötigter alter Gebäude.       Als im März 2014 auf der Bundestraße eine Buchenhecke „umgelegt“ wurde, war das immerhin einer ausführlichen Pressemeldung wert. Man wundert sich allerdings, wenn man bedenkt, dass eine solche Hecke mühelos in 20 Jahren in voller Pracht wieder nachwächst, alte Häuser aber normalerweise für immer verschwinden. Es ist natürlich wahr, dass viele dieser Bauwerke, deren Verschwinden wir hier beklagen, weder historisch relevant noch besonders kunstvoll errichtet sind. Meist stehen sie schon sehr lange, hatten für die Bevölkerung allerdings eine wichtige Funktionalität und prägten für mindestens ein Jahrhundert unser Ortsbild. Als Beispiele für solche Objekte führen wir das Haus am „Siefchen“ oder das alte Schuhgeschäft („Scheßjupp“) in der Rosentalstraße an. Viele Leute mögen es nicht, wenn so etwas „sang- und klanglos“ beseitigt wird. Roetgen könnte es sich eigentlich leisten, von Zeit zu Zeit auf einen Abriss zu verzichten, auch wenn kein Denkmalschutz besteht; denn freie Flächen sind noch genug da. Es wäre die Aufgabe der „Gestaltungsmehrheit“ im Kommunalparlament, das zu organisieren, die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Eigentümer zu wahren und „Geschäftemacherei“ auf Kosten der Allgemeinheit zu verhindern.
Eine weitere Niederlage für die Bewahrer des alten Roetgener Ortsbildes bahnt sich auf der Bundesstraße an. Die Rede ist vom Roetgener Ärztehaus, dem sog. „Schmiddemhaus“, gelegen an der Bundesstraße 34. Dieses Haus prägte nun das Ortsbild von Roetgen für mehr als 100 Jahre genauso wie z.B. die beiden Kirchen, die Marienkapelle, das Kloster St. Elisabeth oder die Oberförsterei. Schon für unsere Urgroßeltern und dann für die folgenden Generationen war hier der Anlaufpunkt bei kleineren oder größeren gesundheitlichen Katastrophen im ganzen Gebiet um Roetgen. Heute wird  es nicht mehr gebraucht und soll deshalb abgerissen werden. Bei der Bauaufsichtsbehörde der StädteRegion Aachen liegt bereits ein Abbruchantrag für dieses Gebäude vor, der genehmigungsfähig ist. Als wir diese Nachricht bekamen, hat der HeuGeVe- Roetgen sich mit dem Problem an die Untere Denkmalschutzbehörde gewandt, um eine Unterschutzstellung des Gebäudes zu erreichen. Nach dem NRW Denkmalschutzgesetz ist der Verein als Institution allerdings nicht „antragsfähig“. Die Behörde hat daraufhin – dankenswerterweise – die Erteilung einer Abbruchgenehmigung vorerst zurückgestellt und einen Antrag an die Denkmalschutzbehörde, zwecks Überprüfung, gestellt. Wenn man die Chancen für eine Unterschutzstellung des Gebäudes betrachtet, so sollte man folgendes bedenken: Das Gebäude scheint zwar in seiner äußeren Form über mehr als ein Jh. unverändert geblieben zu sein, aber die verschiedenen vergangenen Eigentümer haben doch über die vielen Jahre an dem Gebäude einiges instand gesetzt; vor allem sind die ursprünglichen Fenster erneuert worden. Dabei hat man einen möglichen Denkmalschutz leider nicht beachtet. Das sind aber u.E. Dinge, die man wieder korrigieren könnte. Nach unseren Informationen ist im Innern des Gebäudes die untere Etage wegen gewerblicher Nutzung öfters verändert worden. Auf dem 1. Stock soll jedoch die ursprüngliche Bausubstanz (Fußböden etc.) noch erhalten sein. Über die Geschichte dieses Hauses soll hier nur kurz geschrieben werden. Einen ausführlichen Bericht wird uns demnächst Hans Lennartz im „Monschauer Land Jahrbuch“ liefern, dem wir herzlich für seine bisherige Unterstützung in dieser Angelegenheit danken. Hier folgt die Geschichte des Roetgener Ärztehauses in tabellarischer Form: 1901/1902 wurde das Haus von Dr. med. Wilbert erbaut. Ab 1911 praktizierte Dr. Th. Jouck im Haus, nachdem Dr. Wilbert 1910 erkrankte. 1913 übernahm Dr. med. Bulang Haus und Praxis nachdem Dr. Wilbert verstarb. 1928 folgte Dr. med. Schmiddem in Haus und Praxis. 1944, nach der amerik. Besetzung, praktizierte Dr. Lambertz für kurze Zeit im Haus. Ab 1945 übernahm Dr. Schmiddem wieder die Praxis. 1952/1953 eröffnete Dr. Thonemann dort seine Praxis. 1957, nach dem Tode von Dr. Schmiddem, kaufte Frau Bossbach das Haus. 1972 erwarben die Eheleute Lennartz das Objekt. Ab 1986 wurde das Objekt als Pizzeria geführt. 1991 kaufte die Familie Santana das Haus; sie wollten ein Restaurant eröffnen. 1992 erwarb Christne Vinbrüx das Haus; mehrere Läden eröffneten dort in Folge. 1999 wurde das Haus an Frau Fuhs-Kleijnen verkauft, die es als Wohnung benutzte. 2014 erwirbt ein Investor das Haus. Wir denken, dass der Heimat- und Geschichtsverein Roetgen zumindest darauf hinwirken sollte, dass noch einmal darüber nachgedacht wird, bevor wieder ein Zeitzeuge Roetgener Lebens „sang- und klanglos“ verschwindet, bzw. – was viel schlimmer wäre – einem kurzfristigen/kurzlebigen Investment geopfert wird. Wir kennen zwar z.Z. noch nicht die Details dieser Maßnahme; es soll jedoch abgerissen werden, und das bedeutet an dieser Stelle schlimmsten Falls: Es wird ein Parkplatz daraus gemacht. Das ist für viele Heimatfreunde ein unerträglicher Gedanke! Wir bitten die Roetgener Bevölkerung um Unterstützung: Mobilisiert Eure Abgeordneten; wir haben schließlich bald Kommunalwahl!!!